Eine sogenannte Augmentation der Lippen (= Cheiloplastik, z.B. Unterspritzung, Eigenfetttransplantation u.v.a.) ist eine Maßnahme mit dem Ziel eine optisch volle, sinnliche Lippe zu erzeugen. Minimalinvasive und invasive Verfahren dieses Bereichs erfreuen sich zunehmender Popularität und sind insbesondere bei den Stars der Filmbranche weit verbreitet. Die Lippe weist ästhetische Untereinheiten auf. So gibt es unter anderem die sogenannte „white roll“, worunter man den Bereich direkt über der Grenze zwischen Lippenrot (Vermillion) und Lippenweiß versteht und der dezent aufgeworfen ist – ein Jugendmerkmal, das sich durch gezielte Unterspritzung imitieren lässt und das zentral stärker als außen ausgeprägt ist. Ferner ist das Lippenrot im mittleren Bereich voluminöser als im äußeren dem Mundwinkel zugewandten Bereich. Werden die ästhetischen Einheiten der Lippe bei der Unterspritzung oder Operation respektiert so ist das Resultat in der Regel eine sinnlichere und vollere Lippe unter Vermeidung einer „aufgeblasenen“, „schlauchförmigen“ Optik.
Wir präsentieren Ihnen hier wissenschaftliche Daten unserer Arbeitsgruppe zur natürlichen Form der Lippe auf Basis eines weltweit innovativen Studienaufbaus. Diese Foto-Studie basiert auf der Selbsteinschätzung der eigenen Attraktivität von 324 freiwilligen Teilnehmern. Wir haben Kompositionsbilder erstellt von 16 Frauen und 16 Männern, die jeweils mit dem Aussehen ihrer Lippen absolut zufrieden waren (100 von 100 möglichen Punkten auf einer visuellen Analogskala).Kompositionsbilder sind computertechnisch erstellte Durchschnittsbilder einer beliebigen Anzahl von Fotografien.
Wir bitten Sie, die unten gezeigten Bilder nicht als Ideal anzunehmen, sondern als Referenz für natürliche Formverhältnisse der Lippen und ihre ästhetischen Untereinheiten. Es ist technisch gut möglich mehr Volumen zu erzeugen als in unseren Bildern gezeigt wird und es wird in vielen Fällen mit großer Vorhersagbarkeit zu einer volleren, sinnlicheren Lippe führen. Werden aber die ästhetischen Untereinheiten der Lippe bei Unterspritzung oder Operation nicht gewahrt, dann resultiert eine zwar voluminösere aber schlauchförmige Lippe (in etwa wie ein aufblasbarer Rettungsring). Wie immer in der Medizin sind allgemeine Operationsrisiken zu besprechen.
Betrachten Sie nun die Bilder unten und beachten Sie das nach außen auslaufende Volumen des Lippenrots. Gut zu erkennen ist die sogenannte „white roll“, der über dem Lippenrot gelegene dezente Wall im Lippenweiß, der im Mittelfeld der Oberlippe (sogenanntes Philtrumfeld) einen konkaven Verlauf hat und dessen Volumen entsprechend zum Lippenrot nach außen dezent abnimmt.
Weiterführende Literatur:
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Springer et al. (2012): Mirror, mirror on the wall…: Self-perception of facial beauty versus judgment by others, under edition
Springer et al. (2011): Facial self-perception, Well-Being and Aesthetic Surgery. Ann Plas Surg, in press