Kiefer & Gesicht keyboard_arrow_right
menu clear

Studie: Von abstehenden Ohren

Abstehende Ohren können bei einigen Betroffenen zu erheblichen Leidensdruck führen. Heute stehen sehr effektive Möglichkeiten zur Korrektur abstehender Ohren zur Verfügung (sogenannte Otoplastik), die sich für Viele unmittelbar positiv auf das Lebensgefühl auswirken. Die Meinungen darüber, wie stark ein Ohr angelegt werden sollte, sind allerdings unterschiedlich. Dies sollte vor einem Eingriff im Gespräch zwischen Arzt und Patient geklärt werden. Einige halten es für besser, wenn der Außenrand des Ohres noch von vorne sichtbar ist, andere ziehen es vor, dass das Ohr so stark angelegt wird, dass es von vorne nicht mehr sichtbar ist. Im letzteren Fall wirkt das Ohr oft nicht mehr natürlich sondern sieht „operiert“ oder „wie angetackert“ aus.

Die Beurteilung der Ästhetik des Ohres hängt wie so viele andere Dinge von der Einzelmeinung des Operateurs und der Betroffenen bzw. deren Eltern ab. Unser Ziel war es, Referenzbilder zu schaffen, die helfen können, zur Meinungsbildung beizutragen und eine individuelle Operationsplanung zu erstellen.

Wir haben mit modernen Methoden der Medizinischen Psychologie aus einer Gruppe von 324 Freiwilligen die jeweils 16 mit ihren Ohren zufriedensten Frauen und Männer identifiziert. Mit Hilfe eines Computerprogramms haben wir sogenannte Durchschnittsbilder der Ohren dieser zufriedensten Teilnehmer erstellt und mit den Durchschnittsbildern der jeweils 8 unzufriedensten weiblichen und männlichen Teilnehmer verglichen.

Die gezeigten Bilder dokumentieren, dass es in der Tat zur Zufriedenheit der Betroffenen beitragen kann, wenn die Ohrmuschel von vorne noch zu sehen ist und die Helix (Außenrand des Ohres) nicht hinter der Anthelix (Anatomie siehe Bild unten) verschwindet.

Grob vereinfachte Darstellung der Anatomie des menschlichen Ohres. Die Concha ist die Einbuchtung um den Gehörgang herum. Die Größe der Concha wird letztlich durch die Lage der sogenannten Anthelix (letztere eigentlich unterteilt in obere und untere Anthelixwurzel und Anthelixkörper) bestimmt. Die Ausprägung der Anthelix und der Winkel zwischen Ohrmuschel und Schläfe (sog. Rotation der Ohrmuschel – am besten bei Aufsicht von oben zu sehen) sind ausschlaggebend dafür, wie stark das Ohr absteht oder nicht.

Die Auswertung zeigte, dass erwartungsgemäß bei unseren mit ihren Ohren unzufriedenen Teilnehmern der häufigste Grund für die Unzufriedenheit ein Abstehen der Ohren war. Die genauere Analyse zeigt, dass die Größe der Concha (s.o.) in diesem Zusammenhang auch eine Rolle spielt (je kleiner, desto größer die Zufriedenheit). Dabei ist zu beachten, dass im ungünstigsten Fall ein Ohr absteht, weil die Anthelix gar nicht angelegt ist und damit quasi die gesamte Ohrmuschel nur Concha ist (löffelförmiges Ohr). Für 300 weitere unabhängige Gutachter, denen wir alle virtuellen Durchschnittsbilder unbeschriftet vorgelegt haben, war ein Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Ohren nicht zu erkennen. Das Ohr einer Frau ist proportional geringfügig kleiner als das Ohr eines Mannes.

Lassen Sie diese Bilder einfach auf sich wirken und gegebenenfalls eine Hilfestellung sein für den Fall, dass Sie sich einer Operation abstehender Ohren, einer sog. Otoplastik, unterziehen wollen. Auch nach gründlicher ärztlicher Beratung, haben Sie das letzte Wort… Die Ohrmuschelkorrektur (Otoplastik) ist ein Eingriff mit sehr hoher Vorhersagbarkeit, aber es können u.U. weitere Korrekturen notwendig werden. Der menschliche Körper ist eine biologische Struktur und Ergebnisse können daher nicht garantiert werden. Allgemeine Operationsrisiken müssen wie bei jedem chirurgischen Eingriff vorher besprochen werden.

Weiterführende Literatur:
Galton FJ. Composite Portraits. Nature 18: 97-100, 1878.
Langlois JH, Roggman LA. Attractive faces are only average. Psychological Science 1: 115-121, 1990.
Perrett DI, Lee KJ, Penton-Voak I, et al. Effects of sexual dimorphism on facial attractiveness. Nature 394: 884-7, 1998.
Perrett DI, May KA, Yoshikawa S. Facial shape and judgements of female attractiveness. Nature 368: 239-42, 1994.
Springer I, Wannicke B, Wiltfang J, Warnke PH, Zernial O, Terheyden H, Wolfart S (2007): Facial attractiveness: visual impact of symmetry increases significantly towards the midline. Annals of Plastic Surgery 59, 156-162
Springer I, Zernial O, Warnke PH, Wiltfang J, Russo PAJ, Wolfart S (2009): Nasal Shape and Gender of the Observer – Implications for Rhinoplasty. Journal of Cranio-Maxillofacial Surgery, in press
Springer IN, Wannicke B, Wiltfang J, Warnke PH, Zernial O, Terheyden H, Wolfart S (2007): Gesichtsästhetik Teil 2: Auswirkung Symmetrischer und Asymmetrischer Veränderungen der Orbitaregion. Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie 11, 233-7
Springer IN, Zernial O, Wiltfang J, Warnke PH, Terheyden H, Wolfart S (2007): Gesichtsästhetik Teil 1: Die Bedeutung der Symmetrieebene des Gesichts. Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie 11, 145-51
Springer Zernial O, Nölke F, Warnke PH, Wiltfang J, Russo PAJ, Terheyden H, Wolfart S (2008): Gender and Nasal Shape – Measures for Rhinoplasty. Plastic and Reconstructive Surgery 121, 629-3